53-2-Das Kleinwalsertal und seine postalische Sonderstellung

Das Kleinwalsertal und seine postalische Sonderstellung unter Berücksichtigung der deutschen und österreichischen Währungsreform

 

Das Kleinwalsertal gehörte ab 1945 wieder zu Österreich. Es liegt im Bundesland Voralberg. 

Bis zum 31.12. 1950 verblieb es aber bei der postalischen Zuordnung zu Deutschland

Aufgrund seiner geographischen Lage Zollausschlussgebiet Österreichs, war dies aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll.

Zum Kleinwalsertal führte keine direkte Verkehrsverbindung nach Österreich, sondern es war nur über die deutsche Nachbargemeinde Oberstdorf zu erreichen.

Fast vollständig umschlossen von einer Bergkette, bestand ansonsten nur eine fußläufige Möglichkeit über Wege bzw. Pässe.

Im Kleinwalsertal liegt die Gemeinde Mittelberg mit ihrem Ortsteil Baad und den Ortschaften Riezlern und Hirschegg. 



Abb. 1: Karte des Kleinwalsertals-November 2007[1]


            

Nach dem Kriegsende wurden die Bürger des Kleinen Walsertals wieder zu österreichischen Staatsbürgern.

Postalisch galten jedoch die für die US-Zone geltenden Bestimmungen.

Es verblieb bei der 1943 zugeordneten Postleitgebietszahl (PLGZ) 13 b für Südbayern mit Zuständigkeit der Reichs- bzw. Oberpostdirektion München. Österreich war zweigeteilt in die PLGZ 12 a und 12 b, wobei zu 12 b auch Tirol-Voralberg gehörte.

Im Postverkehr nach Österreich waren innerösterreichische Bestimmungen und Gebührensätze massgebend. Zu verwenden waren österreichische Postwertzeichen.

Für Sendungen aus dem Kleinwalsertal nach Deutschland oder dem sonstigen Ausland galten deutsche Tarife und Postwertzeichen.

Im Zeitraum vom 1. Dezember 1948 bis 31. Dezember 1950 mussten somit auch zusätzlich Zwangszuschlagsmarken „Notopfer Berlin“ verwendet werden.

Für innerhalb des Kleinwalsertales gelaufene Poststücke war sowohl eine Frankatur mit deutschen als auch mit österreichischen Marken möglich, was dann auch zu ungewöhnlichen Mischfrankaturen führte. Diese Postwertzeichen konnten ja am gleichen Postschalter innerhalb des Kleinwalsertales erworben werden.

Ein derartiger Beleg liegt mir allerdings nicht vor.

 

Die für den Postverkehr innerhalb von Österreich zu verwendenden österreichischen Marken wurden von österreichischer Seite zur Verfügung gestellt, deren Erlös musste aber  rückverrechnet werden.

„ Einem Bericht der Post- und Telegraphendirektion für Tirol und Voralberg unter der Zi. 1476/47 vom 16. März 1947 an die Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung in Wien ist unter anderem zu entnehmen:

3. Die Ämter Riezlern, Hirschegg und Mittelberg sind mit österreichischen Wertzeichen zu beteilen. Der Erlös aus diesen Wertzeichen wird vom Abrechnungspostamt Oberstdorf durch Vermittlung der Gemeinde Mittelberg, Voralberg ohne jeden Abzug an das Postamt Bregenz überwiesen. Umrechnungsverhältnis 1 RM = 1 S. …“[2]


Durch die Gemeinde Mittelberg erfolgte folglich eine Abgrenzung zwecks Abrechnung der durch die Postämter Riezlern, Hirschegg und Mittelberg vereinnahmten Entgelte mit den Postämtern Bregenz bzw. dem Abrechnungspostamt Oberstdorf. 

Nachfolgend zeige ich einen Empfangsschein über Schließfachgebühren des Postamtes Riezlern mit rückseitiger Buchungsanweisung, unterschrieben durch den Bürgermeister von Mittelberg. Es dürfte sich hierbei um Herrn Gedeon Fritz handeln.

„Der bis März 1938 im Amt befindliche Bürgermeister Gedeon FRITZ, der sich der Widerstandsbewegung angeschlossen hatte, wurde als provisorischer Bürgermeister wieder eingesetzt und gemeinsam mit Peter Meusburger wurden am 2. Mai 1945 die Franzosen, die in leichten Panzerspähwagen anrückten , an der Grenze empfangen.“[3]


Abb. 2: Empfangsschein über Postgebühren – Rückseitig Ausgabe-Anweisung

             Zweikreisstegstempel  „Riezlern (Kleinwalsertal) a -7.7.48. – 12“


Gültige Währung im Kleinwalsertal war bis zum 20.6.1948 die Reichsmark, ab dem 21.6.1948 die D-Mark.

Einen amtlich festgestellten Devisenkurs gab es noch nicht.

Der Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit dem Außenhandel lag in der Zuständigkeit der Besatzungsmächte und wurde von der GAK (Gemeinsame Außenhandelskasse) bzw. später der Bank deutscher Länder (BdL) abgewickelt. 

Der Wechselkurs RM/Dollar wurde durch die JEIA (Joint Export-Import-Agency) festgelegt, schwankte aber bis Mitte 1948 stark.

„ Im Laufe des Jahres 1948 ging die JEIA zu einem Umrechnungskurs von 0,30 Dollar für eine Reichsmark über und hielt an diesem Wechselkurs schließlich in einem „Operational Memorandum“ vom 25. Mai 1948 für alle Exporte mit Ausnahme von Kohle fest. […] Unmittelbar nach der Währungsreform , am 6. Juli 1948, erging an die GAK eine Anordnung, wonach weiterhin der Kurs von 1 DM zu 0,30 US-Dollar zu gelten habe“[4]

Eine Umrechnung erfolgte anhand des Wechselkurses von RM, DM und öS zum amerikanischen Dollar.

Bis zur österreichischen Währungsreform am 10.12.1947 galt zwischen RM und öS ein Umrechnungskurs von 1:1. Nach Abwertung von 3:1 am 10.12.1947 ergaben sich folgerichtig 3,33 RM zu zehn neuen öS. 

Für das Kleinwalsertal war das eigentlich unerheblich, da ja weiterhin bis zum 20.6.1948 die RM einzig gültige Währung war und die österreichische Währungsreform somit gegenstandslos war.

Nach der deutschen Währungsreform vom 21.6.1948 verblieb es zunächst bei einer Umrechnung auf der Basis     1 $ = 3,33 DM = 10 öS.

Erst im Laufe des Jahres 1949 ergaben sich Änderungen.

„ Am 28. September 1949, um 6 Uhr morgens, beschlossen die drei westlichen Hochkommissare die Abwertung der Deutschen Mark um 20,6 Prozent auf 23, 8 Cent je DM.

Die neue DM-Parität lautete 0,32 Dollar für 1 DM oder 1 Dollar gleich 4,20 DM.“[5]

 

Ein freier Devisenhandel in Deutschland war erst wieder in den 50-er Jahren möglich

 

Die folgende Ansichtskarte lief am 1.3.1948, somit nach der österreichischen und vor der deutschen Währungsreform.:

Abb. 3: Rückseite einer AK – Frankiert mit einer 947

             Zweikreisstegstempel  „Riezlern (Kleinwalsertal) a -1.3.48. – 12“        


Wichtig war die österreichische Währungsreform allerdings bei vorgeschriebener Frankierung mit österreichischen Wertzeichen, da die alten Marken nach der Währungsreform ungültig wurden. 

Es wurde mit den neuen öS barfrankiert. 

„Obwohl im Kleinwalsertal im Dezember 1947 die Reichsmark offizielles Zahlungsmittel war und daher die österreichische Währungsreform gegenstandslos gewesen wäre, wurde bei den Postämtern des Tales für mit österreichischen Marken zu frankierende Postsendungen die vorgeschriebene Barfrankierung durchgeführt.“[6]

Der folgend vorgestellte Beleg lief im Januar 1948 von Mittelberg nach Wien und wurde mit 1,70 öS barfrankiert. Die Postgebühr ergab sich aus 70 Groschen für einen Inlandsbrief 20 bis 250 g und 100 Groschen für Einschreiben.

Der Brief wurde mit postamtlichen Verschlussmarken verschlossen.


Abb. 4: Vorder- und Rückseite - Zweikreisstegstempel  „Mittelberg (Kleinwalsertal) a -    

              18.1.48. – 11“ – Vorderseite mit österreichischem Zensurstempel und Kastenstempel 

               "Frei gegeben“[7]         


Für die Postämter in Mittelberg, Riezlern und Hirschegg sind für die Zeit des Alliierten Kontrollrates folgende Handstempel bekannt:

Mittelberg: 

Zweikreisstegstempel MITTELBERG (KLEINWALSERTAL) / a

Zweikreisstegstempel MITTELBERG (KLEINWALSERTAL) / b

Kreis-Gelegenheitsstempel MITTELBERG (KLEINWALSERTAL) / 1218 m / 

                                             + Sommerfrische + Wintersport +

Riezlern: 

Zweikreisstegstempel RIEZLERN (KLEINWALSERTAL) / a

Zweikreisstegstempel RIEZLERN (KLEINWALSERTAL) / b

Kreis-Gelegenheitsstempel MITTELBERG (KLEINWALSERTAL) / 1100 m / 

                                             + Sommerfrische + Wintersport +

Hirschegg:

Zweikreisstegstempel HIRSCHEGG (KLEINWALSERTAL) / a

Zweikreisstegstempel HIRSCHEGG (KLEINWALSERTAL) / b

Kreis-Gelegenheitsstempel MITTELBERG (KLEINWALSERTAL) / 1150 m / 

                                             + Sommerfrische + Wintersport +

 

Abschließend stelle ich 2 weitere Belege vor.

 

Der erste Brief ist leider in keinem guten Zustand, dürfte aber gleichwohl aufgrund seiner Verwendung vorstellungswürdig sein.

Er wurde portorichtig mit 80 Pfennig für Eilzustellung und 24 Pfennig Inlandsbrief bis 20 g freigemacht.

Es dürfte sich um einen Beleg aus dem Bedarf handeln. In der Briefhülle befindet sich ein zwei Seiten umfassender handschriftlicher Text der Absenderin.



Abb. 5: Vorder- und Rückseite eines Eilbriefes aus Mittelberg nach Hamburg – Aufgabestempel „Mittelberg 02.5.48 – 12“ – Rückseitiger Zweikreisstegstempel „Hamburg d TA 13.5.48 – 10“ und Handrollstempel „Hamburg TA a Eilbriefe 89  13.5.48  840


Warum erfolgte die Zustellung des Briefes aus Mittelberg nach Aufgabe am 2.5.1948 in Hamburg erst am 13.5.1948?

Eine Zensur des Briefes durch die zuständige Zensurstelle kam nicht in Betracht, da 

  • Zensurstempel und Öffnungsspuren fehlen und
  • die Zensur innerhalb der Bizone im Oktober 1947 aufgehoben 

wurde.

Die Erklärung dürfte sich aus dem Laufweg des Beleges ergeben.

Eine Zustellung an die ursprüngliche Empfänger-Anschrift in Isen, einem Ort in Oberbayern, war erfolglos. 

E wurde sicherlich nachgesandt, da die neue Anschrift bekannt war und die Empfängerin dem nicht widersprochen hatte.

 

Postordnung vom 30. Januar 1929:

Allgemeine Dienstanweisung für das Post- und Fernmeldewesen (ADA V,1)

§ 46 Nachsendung der Postsendungen

I  Hat der Empfänger seinen Aufenthalts- oder Wohnort verändert und ist sein neuer Aufenthalts- oder Wohnort bekannt, so werden gewöhnliche und eingeschriebene Briefsendungen und Postanweisungen nachgesandt, wenn nicht er oder der Absender anders bestimmt hat. …

 

Letztendlich wurde der Eilbrief am 13.5.1948 über das Hamburger Telegraphenamt (TA) an die neue Anschrift zugestellt.

 

Der zweite Beleg, ein R-Brief der 2. Gewichtsklasse, lief von Wiesbaden ins Kleinwalsertal nach Hirschegg. 

Die Frankatur ist mit 48 Pfennig für einen Inlandsbrief (20 bis 250 g) zuzüglich 60 Pfennig für Einschreiben portorichtig.


Abb. 6: Vorder- und Rückseite des Briefes – Vorderseitig mit Aufgabestempel „(16) Wiesbaden u 21.7.48. – 16“ – Rückseite mit 2 x Zweikreisstegstempel „ Hirschegg (Kleinwalsertal) b 23.7.48. – 11“


Der Brief erreichte Hirschegg unverschlossen.

Dies wurde rückseitig handschriftlich mit Datum 23.7.48 vermerkt und durch 2 Unterschriften 

bestätigt.

War der Absender, eine Juwelen- und Goldwarenfabrik, ursächlich verantwortlich für die Öffnung des Briefes?

Der Brief wurde mit amtlichen Verschlussmarken, die zusätzlich mit einem einzeiligen roten Zeilenstempel 1 z „Hirschegg“ versehen wurden, wieder geschlossen.

 

Allgemeine Dienstanweisung für das Post- und Fernmeldewesen (ADA V,2)

Praktischer Postdienst

 

§ 136 Behandlung beschädigter Sendungen

I Ist Umschlag oder Verschluß eines gewöhnlichen oder eingeschriebenen Briefes oder eines verschlossenen Päckchens so verletzt, daß der Inhalt herausgenommen werden kann oder das Briefgeheimnis gefährdet erscheint, so ist die Sendung vor einem auf das Postgeheimnis dienstlich verpflichteten Zeugen sorgfältig möglichst mit Verschlußmarken zu verschließen und mit einem Zettel nach Anlage 154 b zu bekleben, der vom Beamten und vom Zeugen zu unterschreiben ist.

 

Wie bereits ausgeführt, wurde der Verschluss handschriftlich auf der Briefrückseite dokumentiert. Eine gleichartige Verfahrensweise ist mir auch bei anderen Briefen bekannt.

Vermutlich war ein Klebezettel mit vorgedrucktem Text (Beschädigt eingegangen, daher amtlich verschlossen. …Name des Beamten … Zeugen) nicht verfügbar. 

 

Eine spezielle Katalogisierung von Belegen und Briefstücken erfolgt, nach meinem Kenntnisstand ab 2016, im Deutschland-Spezial 2 unter der Rubrik Deutsche Auslandspostämter in Österreich.

Das Sammelgebiet Deutsche Zollanschlussgebiete generell, aber auch speziell deren philatelistische Bedeutung in der Zeit des Alliierten Kontrollrates, eignet sich aus meiner Sicht für eine Spezialisierung, wenn das Thema allgemein interessiert und eine Beschäftigung evtl. über die Philatelie hinausgeht.

Sicherlich werden für Belege in der Regel Preise aufgerufen, die schon in höhere Regionen angesiedelt sind. 

Gleichwohl zahlt sich nach meinen Erfahrungen Geduld und ausgiebige Suche nach Belegen aus.

So habe ich z.B. die unter Abb. 3 gezeigte Ansichtskarte, mit einer 947 frankiert, für 3,00 € erwerben können. Ausschlaggebend war, dass das Angebot auf einer großen Auktionsplattform unter Ansichtskarten mit Fokussierung des Ortes angeboten wurde. 

Marke und Stempel wurden nicht erwähnt.






[1] CC-BY-SA-3.0 - Urheber: Lencer – 

Quelle: 

3rd Military Mapping Survey of Austria-Hungary (Kartenblatt Glurns - 28-47)

Google Maps-For-Free SRTM3 Webserver


[2] Heinisch, Ferdinand F.: Geschichte des Postwesens der Gemeinde Mittelberg/Kleinwalsertal, Heft des Verkehrsamtes Kleinwalsertal (A-6992/D-8985) Hirschegg, 1986, Seite 18


[3] Heinisch, Ferdinand F.: a.a.O., Seite 17


[4] Wandel, Eckhard: Die Entstehung der Bank deutscher Länder und die deutsche Währungsreform 1948, Fritz Knapp Verlag, Frankfurt/Main1980, Seite 150


[5] Wandel, Eckhard: a.a.O., Seite 155
6] Heinisch, Ferdinand F.: a.a.O., Seite 19
[7] Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Auktionshauses Christoph Gärtner GmbH & Co. KG, 74321 Bietigheim-Bissingen – aus: Nachverkauf zur 47. Auktion (Abruf am 10.8.2020 Philasearch.com)

 








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